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03 Juni 2020

Für die Welt warst Du ein Hund, für mich warst Du die Welt


Leider haben wir uns am Freitag den 24. April von Winnie verabschieden müssen.

Nach langer Krankheit mussten wir uns schweren Herzens dazu entscheiden, 

mit Winnie diesen traurigen Weg zu gehen.



An diesem Tag, ich war verzweifelt. Darf man das? Darf man ein Leben "so einfach" beenden? 
Wir diskutierten, wogen alles ab. Ist es zu früh, zu spät? Was tun? 

Wir entschieden uns bis Montag abzuwarten und im äußersten Notfall in die Tierklinik zu fahren. 
Ich sah ihr in die Augen ... es hieß immer "man sieht es". Ich sah nichts. 
Aber das Wochenende kommt ... wenn es schlimmer wird, müssen wir die über 90km 
mit dem leidenden Hund nach München. Will ich das wirklich? 
Sie kann kaum mehr gehen ... frisst aber noch. 
Ich hatte so viel über den "richtigen Zeitpunkt" gelesen, gehört. 
Wann ist er? Gibt es den überhaupt? Wenn sie leiden muss, wäre ich Schuld.


Wir hatten immer gesagt sie nicht leiden zu lassen. 

Aber wenn "dieser Tag" da ist, fällt es unglaublich schwer diesen Weg zu gehen, 
diese Entscheidung zu treffen. 
Nein, wir durften nicht egoistisch sein, wir brauchten eine professionelle Meinung. 
Und so ging ich zum Telefon und in dem Moment wusste ich, dass es so richtig ist. 

Ich nannte meinen Namen und die Worte "ich glaube wir sind soweit". 

Die Ärztin wollte um 12.15 Uhr kommen. 
Ich hatte also noch 2 Stunden und 15 Minuten mit Winnie.


Sie liebte Wiener Würstchen und das bekam sie nun. 

Sofort kamen die Gedanken:
"Aber sie frisst doch noch ... Noch eines?
Aber wenn ihr schlecht wird?
Wenn sie nicht mehr bleiben wird, dann wäre es egal,
dann würde ich ihr alles geben was sie will.
Aber falls sie doch bleibt, würde sie so viel nicht vertragen."
Und so blieb es bei dem einen Würstchen, das sie mit Genuss verspeist hat.


Oder ist es doch zu früh? Darf ich das wirklich tun?


Ich erzählte Winnie, wie sehr ich sie liebe. 

Dass sie loslassen darf, dass sie mir meine vielen Fehler die ich gemacht habe, bitte verzeihen soll.
Dass ich sie nie vergessen werde, 
sie mein Seelenhund ist und für immer einen Platz in meinem Herzen hat.
Ich weiß nicht mehr was ich ihr alles erzählte. 
Ich streichelte sie, saß mit einem Kissen neben ihr am Boden. 
Die Nacht vorher hatte ich schon bei ihr geschlafen,
weil wir befürchteten, dass es ihre letzte sein wird. 
Da sollte sie nicht allein sein.
Meine Tränen liefen ganz leise. Immer wieder sah ich zur Uhr, die Zeit verging so schnell. 

Ich konnte mir nicht vorstellen sie gehen zu lassen. 

Plötzlich ca. 11.30 Uhr verschlechterte sich ihr Zustand zusehends.

Nun sah ich "es" auch in ihren Augen. Sie konnte nicht mehr, wollte nicht mehr. 

Meine ganze Liebe schüttete ich nochmals über sie aus mit dem Bewusstsein, 
dass es unsere letzte gemeinsame Stunde sein wird.


Die Ärztin kam und ich fragte sie ob es zu früh sei "nein, eher ... ", mehr sagte sie nicht.


Winnie lag mit dem Kopf direkt neben mir.
Ich sagte ihr, dass sie loslassen solle, sie gehen dürfe, wir kämen zurecht ohne sie. 
Was man so redet in der Verzweiflung. 
Die Ärztin meinte "schau, dein Frauerl sagt das du gehen darfst, du hast es gleich geschafft."

So viel Traurigkeit und so viel Liebe gleichzeitig in diesem Raum.

Die letzten Minuten von Winnie behalte ich ganz tief in meinem Herzen.

Alles was wir anschließend machten, geschah rein automatisch. 

Schon so oft hatte ich darüber nachgedacht, was "dann" geschehen sollte. 
Sogar die Urne hatte ich schon ausgesucht. Wir fuhren zum Krematorium. 
Ich wollte bei der Einäscherung dabei sein - nicht möglich wegen Corona. 
"Nein, bitte nicht mit der Post senden, wir holen sie ab" sagte ich noch. 
Ich konnte mir nicht vorstellen, dass man mir Winnie in einem Postpaket überreicht.

Das auch noch in dieser Zeit, wenn das Paket verloren geht ... 

Nein, keinesfalls. Lieber wollten wir diese Fahrt in Kauf nehmen.


Am nächsten Tag ging es mir sehr schlecht, sogar mein Magen rebellierte. 

Winnie ist nicht mehr da. 
Immer wieder kam der Gedanke und kommt noch heute:
 "Was habe ich getan? 
Winnie hat sich vertrauensvoll an mich geschmiegt und ich habe sie töten lassen. 
Ich habe ihr Vertrauen missbraucht." 
Die Schuldgefühle plagen mich entsetzlich. 
Wie soll ich damit leben, dass ich verantwortlich bin,
dass meine so sehr geliebte Winnie nicht mehr da ist.

Die Tage danach waren einfach nur schrecklich. 

Was sollte ich mit mir anfangen, schon morgens beim Gang ins Wohnzimmer empfing mich eine unvorstellbare Leere. 
Keine große Aufgabe, außer Kaffee kochen:
Seit knapp 16 Jahren keine Begrüßung durch Winnie.
Das was ich 2016 seit der Diagnose  „3 Tumore“ befürchtet hatte, 
war nun eingetreten.
Am 2.4. wurde Winnie 16 Jahre alt.
Am 18.5. wäre sie 16 Jahre bei uns gewesen. Aber nun ist sie fort.


Die letzten Monate; Jahre waren ausgefüllt mit Winnie. 

Wir wollten sie nicht lang allein lassen, weil ich immer Angst hatte,
dass jeder Tage ihr letzter sein könnte.
Wegen ihren körperlichen Beschwerden konnte sie nicht mehr Treppen steigen, 
kaum ins Auto und so verbrachten wir die meiste Zeit mit Winnie daheim. 
Manche Menschen verstanden das, wenn wir Besuche abgesagt haben, manche nicht. 
Für uns war Winnie ein Familienmitglied. 
Mit keinem Lebewesen habe ich so viel Zeit verbracht wie mit Winnie. 
Sie war immer da. 
Kinder gehen in den Kindergarten, in die Schule aber unsere Haustiere sind immer da. 
Sie sind auf uns angewiesen, weil sie nur uns haben. 
Und genau so habe ich versucht, haben wir versucht uns zu verhalten und mit Winnie zu leben.
In Freud und Leid zusammen halten.


Etwa im November wurde sie inkontinent und so war ich ständig beschäftigt. 

Wir hatten uns nach 2 Tagen Versuch, gegen Windeln entschieden. 
Unsere gemeinsame Einstellung war, "ansonsten sind wir alle 3 unglücklich". 
Und so waren meine Tage ausgefüllt mit mindestens stündlichen Gassigängen und putzen.
Anfangs dachte ich „das schaffe ich nie. Das kann ich nicht.“ 
Meine Gefühls- und Gedankenwelt waren völlig durcheinander. 
Von „warum muss sie das erleben“ bis „wird schon“ war alles dabei. 
Aber, der Mensch wächst mit seinen Aufgaben, 
nach wenigen Wochen wurde das zur absoluten Routine.

Wir sprachen so manches Mal von „der Zeit danach“. 

Wie „es“ sein würde. 
Würde ich es daheim nicht aushalten, diese Ruhe, diese Stille, wollten wir Urlaub machen.
Einen Urlaub der mit Winnie leider nicht mehr möglich war. 
Unsere Skandinavienrundreise. 
Ich wollte auf alle Fälle wieder mehr schwimmen gehen. 
Wir wollten uns mit den Menschen treffen, die wir die letzten Jahre vernachlässigt haben. 
Alles nicht möglich, wegen einem Virus.

Auf  die übliche Frage,  die mir seit Jahren  gestellt wurde, 
ob ich mir  vorstellen könnte wieder einen Hund zu haben, antwortete ich: 
"Ich weiß nicht, wie ich reagieren werde, aber wahrscheinlich so schnell nicht, 
ich muss dann erst mal zu mir kommen, brauche Zeit für mich." 

Am Tag als Winnie ging, sagte ich auf diese Frage:
"Nein, wir brauchen nun Zeit zum trauern und müssen zur Ruhe kommen“.

Meine große Liebe Winnie hat uns verlassen.
In meinem Herzen ist ein Platz da wächst nichts mehr.
Aber dort hat die Liebe für Winnie ihren Platz gefunden und das seit dem 18.5.2004



Pfiade Winnie


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